- Sie arbeiten zum Thema Psychiatrie als Diskurs- und Politikfeld: Entstehung und Entwicklung des Politikfelds mental health unter Franz Joseph I. Beschreiben Sie Ihr Forschungsprojekt in drei Sätzen.
Das Ziel meiner Dissertation ist die Entstehung und Entwicklung des Politikfeldes mental health unter Franz Joseph I. mit Hilfe von Diskursanalyse und explorativer Netzwerkforschung zu ergründen und am Fallbeispiel der Psychiatrie Mauer-Öhling empirisch nachzuweisen. Dabei sollen die mental health-Politiken in der Habsburgermonarchie des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts einer policy-analysis unterzogen und dabei die Entstehung und Entwicklung des Politikfelds unter der Herrschaft Franz Josephs I. erforscht werden. Zudem sollen die bestimmenden diskursiven (Politik-)Räume dargestellt werden, in welchen sich die Psychiatrie in der Habsburgermonarchie politisch, institutionell aber auch wissenschaftlich entwickeln konnte.
- Teil der Bewerbung war auch ein persönliches Interview. Haben Sie sich gezielt darauf vorbereitet und wenn ja, wie?
Ich habe das persönliche Interview von Anfang an als einen relevanten Entscheidungsfaktor wahrgenommen und mich daher gezielt darauf vorbereitet. Das bedeutet, dass ich mir neben Antworten auf übliche Fragen in akademischen Interviews besonders darüber Gedanken gemacht habe, was der direkte Wettbewerb mit Bewerbern anderer Fachrichtungen für mein Projekt bedeutet. Ist es gegenüber naturwissenschaftlichen Projekten als relevant argumentierbar? Zusätzlich habe ich auch mit meinem Betreuer und mit Unterstützung von anderen Fachkolleginnen und -kollegen eine Simulation des Interviews durchgeführt.
- Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Welche Persönlichkeit(en) in der Wissenschaft finden Sie besonders faszinierend?
Mich fasziniert die Person Karl Jaspers sowohl als Wissenschaftler, als auch als historische Persönlichkeit. Nicht nur weil seine Arbeiten für seinen unmittelbaren Fachbereich - die Psychiatrie - bis heute relevant sind, sondern weil er diesen als Philosoph transzendierte. Seine Arbeiten sind für mich vor allem hinsichtlich ihres konsequenten "Durch-Denkens", wie auch durch ihre Entsagung jeder Vereinfachung und damit allen Einseitigkeiten vorbildlich.
- Zur Person
Clemens Ableidinger, geboren in Amstetten, Niederösterreich, studierte Geschichte, sowie Anglistik und Amerikanistik an der Universität Wien und der Université de Bourgogne, Dijon. Er schloss sein Studium (Mag. phil) mit einer Arbeit über den - sozialen und psychopathologischen - Einfluss des Ersten Weltkrieges auf die Pfleglingspopulation der niederösterreichischen Psychiatrie Mauer-Öhling ab. Zwischen 2015 und 2018 arbeitete er als Parlamentarischer Mitarbeiter und später Politischer Referent im österreichischen Nationalrat und unterstützte das Institut für jüdische Geschichte St. Pölten im Rahmen des Projektes "Geschlossene Anstalt? Die Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling in der NS-Zeit".