In ihrer Dissertation im Bereich der Wissenschafts- und Technikforschung untersucht Elena Šimukovič die derzeit intensiv angestrebte Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens hin zum flächendeckenden „Open Access“. Da die meisten wissenschaftlichen Publikationen aus mit öffentlichen Geldern finanzierten Forschungsvorhaben hervorgehen, so das Argument, sollen sie demzufolge auch öffentlich zugänglich gemacht werden. Das bisherige System, in dem die Inhalte von kostenpflichtigen Zeitschriften mittels Abonnements „zurückgekauft“ werden müssen, gilt daher für viele als überholt und gehört abgeschafft.
Doch welche alternativen Publikations- und Geschäftsmodelle das alte System ersetzen sollen und welche Auswirkungen diese Umstellung auf unterschiedliche Beteiligtengruppen mit sich bringen würde, bleibt umstritten und zum Teil nicht absehbar. Genau solchen Fragen geht Elena Šimukovič in ihrer Dissertation mit dem Titel „Of hopes, villains and Trojan horses – Open Access academic publishing and its battlefields“ nach.
Im Folgenden erzählt sie von ihrem Forschungsaufenthalt an der Universität Leiden und dem Rathenau Instituut in den Niederlanden, der vom April 2018 bis März 2019 erfolgte und mit dem Marietta Blau-Stipendium des OeAD unterstützt wurde.
- Warum haben Sie sich für einen Auslandsaufenthalt in den Niederlanden entschlossen? Inwiefern war dieser für Ihre Forschung wichtig?
Der empirische Teil meiner Dissertation basiert auf einer Fallstudie, in der ich die einschlägigen Open Access-Verhandlungen zwischen der Vereinigung der niederländischen Universitäten (VSNU) und dem Großverlag Elsevier analysiere. Aus diesem Grund war es für mich wichtig, mehr Zeit vor Ort zu verbringen, um die landesspezifischen Besonderheiten besser zu verstehen und die zusätzlichen, im Laufe der Feldforschung aufgekommenen Fragen beantworten zu können. Die Auswahl der Gastinstitutionen lag klar auf der Hand. Das Centre for Science and Technology Studies (CWTS) der Universität Leiden kannte ich bereits, weil ich mit dem Kurzfristigen wissenschaftlichen Auslandsstipendium (KWA) der Universität Wien im Jahr zuvor zu Gast war. Da die Arbeits- und Forschungsschwerpunkte des CWTS ebenfalls im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens liegen, bot es die besten Voraussetzungen, mich mit Fachkolleginnen und -kollegen über Detailfragen zu unterhalten und meine eigenen Forschungsergebnisse gemeinsam zu diskutieren. Aber auch der Austausch mit zahlreichen internationalen Gästen aus anderen Forschungsstätten hat mir sehr geholfen, die beobachteten Entwicklungen in größere und komplexere Zusammenhänge einzubetten. Für den zweiten Abschnitt meines Forschungsaufenthaltes bin ich zeitweilig zum Rathenau Instituut in Den Haag gewechselt. Ihre langjährigen Erfahrungen in Zusammenarbeit mit den wissenschaftspolitischen Institutionen und Ministerien haben mir dabei sehr geholfen, die aufgestellten politischen Ambitionen im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Publikationswesen umfassender zu verstehen. Zudem war es mir von dieser Position aus möglich, zahlreiche zusätzliche Kontakte zu knüpfen und beispielsweise an Parlamentsdebatten zu diesem Thema teilzunehmen.
- Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Was war besonders überraschend/aufregend?
Besonders einprägsam in Erinnerung werden mir die informellen Umgangsformen und immer wieder ein lautes Gelächter aus den Büroräumen von Kolleginnen und Kollegen bleiben. Auch wenn die hier gepflegte kurze und direkte Ausdrucksweise anfangs etwas gewöhnungsbedürftig war, wusste ich später ihre Vorzüge zu schätzen (insbesondere bei der Email-Kommunikation). Außerdem war es sehr interessant zu beobachten, wie sich die Auswahl von und die Perspektive auf gesellschaftsrelevante Fragestellungen an den Universitäten in Wien und in Niederlande unterscheiden. Insofern war es ein unerwarteter „Nebeneffekt“ meines Forschungsaufenthalts, den öffentlichen Diskurs im universitären Diskussionsraum zu vergleichen.
- Wo lagen die Herausforderungen?
Die Herausforderungen lagen größtenteils in der praktischen Umsetzung meines Aufenthalts. So ist beispielsweise die Arbeitssprache am Rathenau Instituut nicht Englisch wie am CWTS, sondern Niederländisch. Auch wenn man mit Sprachkenntnissen in Deutsch und Englisch viele Wörter verstehen und/oder erraten kann, musste ich mir zunächst ein kleines Vokabular mit relevanten Begriffen zusammenstellen und habe später noch einen Sprachkurs besucht. Das hat mir natürlich aber auch im Alltag viel geholfen, um unter anderem eine Torte zum Abschluss des Stipendiums in der nahegelegenen Konditorei bestellen zu können.
- Haben Sie Tipps für andere DoktorandInnen für die Planung und Durchführung eines Auslandsaufenthaltes?
Wie schon vielerorts betont, würde ich einen Auslandsaufenthalt grundsätzlich für alle empfehlen, die eine Gelegenheit dazu haben. Es hilft nicht nur, eigene Forschung und berufliche Laufbahn voranzutreiben, sondern auch die unterschiedlichen Sichtweisen auf Problemstellungen zu vergleichen und sich dem eigenen Standpunkt bewusst zu werden. Insofern ist es eine rundum wertvolle Erfahrung und trägt nachhaltig zur persönlichen Weiterentwicklung bei. Und gerade für externe DoktorandInnen wie mich selbst, die keine Anstellung an ihrem Institut oder dedizierte Förderung für ihre Dissertationsprojekte haben, bietet sich die Bewerbung um spezielle Auslandsstipendien an, um sich zumindest während dieses Zeitraums maximal auf eigene Forschung konzentrieren zu können.